Donnerstag, 30. Juli 2009
ein Brief, den ich nicht abschickte......(noch nicht)
sollte man nie so vermessen sein und denken, man hätte alles unter Kontrolle.
Gestern war so ein Tag . Morgens, als ich aufstand, strahlte mir die Sonne ins Gesicht und es versprach ein guter Tag zu werden. Alles schien gut zu werden - ich war halt nur müde ( wie immer ).
Nach der alltäglichen Infusion ging ich – wie jeden Morgen – in den naheliegenden Supermarkt meines Vertrauens um ein paar Kleinigkeiten einzukaufen. Dort traf ich Menschen, denen ich lieber aus dem Weg gegangen wäre, beantwortete brav alle Fragen zu meinem Gesundheitszustand mit : ach, geht schon – alles wird gut und stellte blöderweise die obligatorischen Gegenfragen, um mir dann völlig banale Dinge anzuhören : Angst vor der Schweinegrippe, verlorene Scheckkarten, Kinderkacke, zerrüttete Ehen, und weißt Du schon das sich Blablablabla getrennt haben. Ich hätte an Ort und Stelle auf den Boden kotzen können .
Immer noch müde ( vielleicht sogar viel viel müder von dem Gelaber) fuhr ich dann nach Hause um dort die Post vorzufinden.
Ansich ja auch ein völlig alltägliches Ereignis – ..... 1 Karte von Freunden die Urlaub in Dänemark machen, 2 Werbebriefe unbekannten Inhalts, 3 Arztrechnungen, und ein Brief von meiner Krankenkasse.
Die Kasse teilt mir – mal wieder – mit, dass von eingereichten Rechnungen von ca. 4.000.-- € immerhin 159,65 € auf mein Konto erstattet werden. Als ob ich mehr erwartet hätte !
Nun ist meine Müdigkeit aufeinmal wie weggeblasen und ich habe das erste Mal seit der OP das Gefühl, einen halbwegs klaren Kopf zu haben. Irgendwie scheine ich erst jetzt das Ausmaß der ganzen Geschichte zu realisieren.
ICH WERDE VERARSCHT ! …..
und das fühlt sich gar nicht gut an und ich beschloß, unter völligem Kontrollverlust leidend, einen Brief zurückzuschreiben …..bis jetzt habe ich ihn allerdings noch nicht abgeschickt…..aber immerhin ging es mir nach dem Schreiben etwas besser :
Liebe Krankenkasse,
danke für den Brief, den ich heute erhielt. Endlich passiert einmal etwas in meinem im Moment doch recht trostlosen Leben. Ich verstehe natürlich Ihre Beweggründe. Ich weiß, alle müssen sparen und gut haushalten um zu überleben. Und ich verstehe auch, dass Sie mit meinen monatlichen Beiträgen nicht überleben können. Nochdazu habe ich auch vollstes Verständnis, das es am einfachsten ist, bei den ganz Schwachen anzufangen zu streichen – bei den chronisch Kranken. Die kosten ja nur und halten eventuell ja auch still, wenn sie so höfliche Briefe bekommen. Aber entweder bin ich noch nicht krank genug – oder ich bin noch nicht so schwach, dass ich mich nicht mehr wehren kann.
Was denken Sie sich eigentlich dabei, mir solche Briefe zu schreiben ?
Seit 23 Jahren bin ich bei Ihnen versichert und habe bis auf ein paar Kleinigkeiten, Ihre werten Dienste nie in Anspruch genommen. Ich habe kommentarlos jede Beitragserhöhung akzeptiert, habe meine Beiträge immer pünktlich gezahlt, habe niemals einen Ihrer Vertreter gebraucht und niemals angerufen um die Zeit Ihrer Mitarbeiter zu stehlen. Alles in allem war ich wohl eine nahezu perfekte Kundin. Und nun wage ich es krank zu werden – ungezogen – dass sehe ich ja ein aber nun lässt es sich ja nichtmehr ändern.
Was glauben Sie denn, was ich für ein Spielchen mit Ihnen treibe ?
Natürlich gehe ich jeden Tag gerne zum Arzt um mir diverse Medikamente in die Venen pumpen zu lassen. Ich finde es auch spaßig, relativ regelmäßig mit allergischen Reaktionen völlig atemlos und kurz vor dem Ersticken in ein Krankenhaus gefahren zu werden, dort um Medikamente, Infusionen und Sauerstoff zu betteln um noch nicht dahin zu gehen wo Sie mich bestimmt jetzt gerne hätten. Mein neustes Hobby sind Kiefer OP´s in Schlafnarkose. Das ist echt ein feiner Zeitvertreib, zumal es mir mindestens 14 Tage danach noch so schlecht geht – das ich am liebsten aufgeben würde. Die Antibiotika Infusionen die zu den OP´s dazugehören sind besonders abenteuerlich, weil sie den Magen schön reizen und somit immer dafür sorgen, dass man rund um die Uhr merkt, das der Magen noch da ist. Auch permanenter begleitender Durchfall ist durchaus witzig. Es ist natürlich auch nicht weiter schlimm, dass ich mich seit fast 2 Jahren ausschließlich von Salatgurken, Kartoffeln und Lammfleisch ernähre. Da ich ja durch das viele Kortison nicht abnehme habe ich immer noch Idealgewicht und einen von allen Krankenkassen erwünschten BMI. Das ich seit fast 2 Jahren niemals mehr als 3 Stunden am Stück geschlafen habe, ist ja sicherlich auch nicht krank sondern wohl eher ein Zeichen dafür dass ich nicht ausgelastet bin. Ja ne – ist klar. Und die permanenten Kopf und Gelenkschmerzen, die mir jegliche Lebensfreude rauben – kann man sicherlich mit einer klitzekleinen Schmerztablette schnell beheben. Schade ist nur, dass ich diese kleinen Dinger immer wieder auskotze.
Ihren Ratschlag, mich in kompetente Hände zu begeben werde ich überdenken. Bin allerdings noch am rätseln, wie ich meinen jetzigen Ärzten beibringe, dass diese anscheinend völlig inkompetent und habgierig sind. Wahrscheinlich haben die ihre Zulassung auf dem Jahrmarkt geschossen oder irgendwo in Osteuropa unter abenteurlichen Bedingungen ergaunert. Schade, denn irgendwie habe ich mich gut behandelt, gut betreut und verstanden gefühlt.
Aber Menschlichkeit ist ja heutzutage wohl nicht mehr gefragt. Also denke ich über Ihren Ratschlag nach, wobei ich irgendwie keinen Sinn darin sehe, mich wochenlang stationär in ein Krankenhaus zu begeben. Das kostet doch soviel, und dann werden Sie wieder ungehalten und traurig. Und dann werden all die schicken Untersuchungen noch einmal gemacht – und wieder in Rechnung gestellt. Was für ein kompletter Schwachsinn.
Immer wieder denke ich, es wäre wohl für Sie – als meine Krankenkasse – am besten, ich würde schnell und möglichst kostenlos versterben. Das wäre doch ein feiner Plan. Vielleicht haben Sie ja ein Merkblatt , für solche Vorhaben…..das können Sie mir gerne mit der nächsten Post zukommen lassen. Ich werde es studieren und mich gegebenenfalls danach richten.
Irgendwie haben Sie ja Recht, mein Leben ist ja gar nicht so schlimm. Ich sitze hier ohne Einkommen, habe ca. 26.000 € Aussenstände bei div. Ärzten, normale laufende Kosten und kaum Aussicht jemals wieder auf die Beine zu kommen – weil – ich darf ja nicht mehr zu meinen Ärzten. Und wer weiß, wenn ich einen „neuen“ „kompetenten“ Arzt aufsuche – ob Sie dann hinterher die Rechnung begleichen ? Oder sollte ich mich vielleicht gleich zu Ihrem „Vertrauensarzt“ in Behandlung begeben, Den habe ich ja noch in so guter Erinnerung. Ich warte ab, was Sie mir weiterhin empfehlen. Das hält wenigstens die Spannung aufrecht.
Ich werde morgen ( heute habe ich leider keine Kraft mehr dafür) mal in mich reinhören, ob ich mir das alles eventuell nur einbilde – und eventuell gar nicht krank bin. Ich halte Sie gerne auf dem Laufenden.
Vielen Dank für Ihre Gedankenanstöße, Ihre ehrlichen klaren Anweisungen, ihre durchweg positiven Worte und das Mutnehmen………
Ihre Sabine Bl.
Freitag, 24. Juli 2009
gut, dass ich geschlafen habe...
hier seht Ihr viele schöne Gruselbilder von meiner letzte OP. Lauter nette Menschen um mich rum und ich schlafe die meiste Zeit.....ungezogen, dabei haben sich doch alle so viel Mühe gegeben.
....trotzdem bin ich irgendwie sehr froh, dass ich davon so wenig wie möglich mitbekommen habe, der ganze "Spaß" hat immerhin 5 Stunden gedauert........
Mittlerweile sehe ich wieder annähernd so wie vorher aus, und eine SMS : Kann man mit Dir wieder auf die Straße gehen........konnte ich mit "JA" beantworten.
Heute Mittag hat der Zahnarzt die Reste aus meinem Kiefer entfernt, sodaß ich wohl ab morgen wieder Kleinigkeiten essen kann.
Ich bin echt glückich, das ich diese Tortour nun ersteinmal hinter mir habe und nun mindestens 5 Monate Ruhe habe, bevor es weitergeht....... die Zeit brauche ich wohl auch, um mich zu erholen.....
Sonntag, 19. Juli 2009
Der Potwal nimmt wieder Fahrt auf und Form an.....
Alles wird gut. Danke an alle, die mit mir mitgelitten haben, de sich nach meinem Befinden erkundigt haben, mir SMS, E-Mails etc geschickt haben. Ich hab mich riesig drüber gefreut.
Irgendwie weiß ich noch nicht wirklich, wie es weitergehen soll, mit mir, meiner Krankenkasse und meiner Wut – aber ich hoffe es wird sich eine Lösung finden, mit der ich leben kann.
Donnerstag, 16. Juli 2009
irgendwie scheint man sich an sowas tatsächlich gewöhnen zu können.........
Man trifft auf bekannte Gesichter, die durch einen netten Nebelschleier alle sehr fröhlich wirken, legt sich irgendwo ab und macht den Mund auf. Merkwürdigerweise neigen Menschen dieser Berufsgattung zuweilen dazu, einem Fragen zu stellen, wenn gerade die Aufnahmekapazität eines eh schon lädierten Kiefers mit Händen, Klammern, Tüchern und Keilen bis an den Rand vollgestopft und somit erreicht ist. Leider konnte ich mich auch ohne gefüllten Mund nur mäßig bis gar nicht artikulieren – das mag an den Medikamenten und der Betäubung gelegen haben – aber, ich war ja auch nicht zum plaudern da.
Schwerelosigkeit, nach der die Wärme, die dann dank der Medikamente durch meinen Körper fließt und ich weiß jetzt schon das ich mich wehren werde wenn ich wieder aufwachen soll. Losgelöst von jedem Zeitgefühl, keine Furcht, keine Trauer spüren, keine Spur mehr von der inneren Verzweiflung und vor allem keine Schmerzen mehr. Alles ist so wunderbar sicher und frei. Schwereloses Treiben – wenn nun noch Stille herrschen würde …..geistig bin ich hellwach und völlig konzentriert auf das was das innere Auge für ein buntes Schauspiel bereithält. Das Gefühl des grenzenlosen Wohlbehagens steigert sich zu einem überwältigten Glücksgefühl, zu einem Freudenrausch. Am Ende des Tunnels winkt ein helles warmes Licht und ich fühle mich wohl in dem Sog der mich dorthin zieht. In dem Moment des Eintauchens in das helle neue warme Leben denkt man alle Rätsel dieser Welt lösen zu können, jeden Feind zu besiegen und alle Probleme entschlüsseln zu können. Dieser Zustand währt allerdings nur so lange, dis der Zahnarzt anfängt Haut aus meinem Gaumen zu schaben um sie zu transplantieren. Ein rasanter Sturzflug durch einen wolkenlosen Himmel beginnt – direkt auf eine Leinwand zu auf der gerade mein Lebensfilm vorgeführt wird. Eine wirre Zusammensetzung von Menschen und Orten die niemand – auch ich nicht – sehen will. Mit sehr viel Glück kann ich noch ein Ticket nachlösen in Form von Naschschlag in die Venen. Und dann geht es genauso schnell wieder da hin wo es so schön war. Lasst mich weiterfliegen bis ich nicht mehr kann. Aber die Abstände zwischen steigen und fallen werden geringer und alles Wehren gegen das Ende des Traums hilft irgendwann nicht mehr und ich durchschlage die Leinwand meines Lebensfilms. Gesichter werden wieder scharfgestellt, der Nebel lichtet sich langsam und Geräusche bekommen wieder einen zuordenbaren Sinn. Langsam wacht auch jede Faser meines Körpers wieder auf und ich spüre mich wieder – leider. Und weil es so vorgesehen ist – leider gesetzmäßig – kommt dann der Schmerz, die Übelkeit und ganz zum Schluss auch kehren natürlich die Krämpfe wieder. Das nennt man dann wohl Strafe für den vorangegangenen Genuss, diesen Trip voll auskosten zu wollen. Es ist halt nichts umsonst.
Nun ist mein Gesicht schwollen wie ein Ballon, kochendheiß und dank dem Kortison schön leuchtend rot. Ein Photo diesem „Staduim 2“ erspare ich mir hier, da ich mich erstens schämen würde, 2tens mich kaum jemand erkennen würde und ich auch gerne das eine oder andere Geheimnis für mich behalten würde.
Und dann noch ein Tip für die moderne Hausfrau : Blutlachen von abgeplatzten Zugangsstöpseln und aus Algen – und andere leckere Tabletten lassen sich vorzüglich mit Gallseife im Kochschleuderprogramm entfernen. Also kein Grund zur Panik.
nun quäle ich mich fiebernd und schüttelfrostig durch den Tag, fühle mich ziemlich elend und das nicht nur weil ja erst gestern die OP war, sondern weil mal wieder ein Krankenkassenbrief kam, der viel Arbeit macht, keine gute Ahnung hinterlässt und in mir ein Fegefeuer der Wut entfacht hat. Und das alles obwohl ich doch solche Schmerzen habe, die mich kaum einen klaren Gedanken fassen lassen. Als ob ich nicht im Moment genug am Hals hätte.
Ich will endlich schlafen um mich zu erholen......... und verdammt noch mal es funktioniert nicht....
so ein Scheiß
...pssssssssst - habe fertig
Dienstag, 14. Juli 2009
in ziemlich geheimer Mission.....
Samstag, 11. Juli 2009
Runterkommen........
Freitag, 10. Juli 2009
nun ist es amtlich......
Gehe also ab Montag wieder arbeiten und freu mich meines Lebens……
Wieviel kann ein Mensch noch aushalten ohne komplett zu resignieren, aufzugeben und sich vom Hochhaus zu stürzen ??????
Meine Krankenkasse lehnt alle weiteren Zahlungen bzw. Behandlungen ab. Und die schon gestellten Rechnungen von meinen Ärzten werden gekürzt, gestrichen oder ignoriert.
Also nix Mittwoch OP und ich habe ab jetzt frei.
Komisch ist, das bei dieser Aussicht so gar keine Freude aufkommt. Andi fragte mich am Telefon, ob ich mich jetzt zum sterben bereitmachen soll…… hmmmmmmm darauf habe ich keine Antwort.
Vielleicht sollte ich einfach abwarten was so ohne Ärzte und ohne Infusionen passiert……..
In mir eine unsagbare Leere – die sich gefährlich anfühlt.
Ich muß mich erstmal sammeln und überlegen wie es nun weitergehen kann………
Und es bestätigt mal wieder : wenns einem grad ein bischen besser geht kommts ganz dicke hinterher……..na toll
( hab im moment so garkeine Lust auf smileys)
Mittwoch, 1. Juli 2009
Halbzeit.........
Also, im Endeffekt ist es ja doch weitergegangen, vielleicht bin ich nur einfach irgendwo falsch abgebogen……